Lichtbildnerin farbiger Rätsel

Atelierbesuch: Bei der Fotografin Susanne Neiß
Von unserer Mitarbeiterin Susanne Kaeppele / Mannheimer Morgen

Eigentlich braucht sie ja gar kein richtiges Atelier, wie man es sich vorstellt, die Mannheimer Fotografin Susanne Neiß, denn sie nimmt ihre Bilder am liebsten im Freien auf oder am Fenster. So ist ein Besuch in ihrer leuchtendbunten Wohnung in der Neckarstadt eigentlich einer bei ihrem PC und den Küchenfenstern, aus denen sie manche ihre rätselhaften Aufnahmen geschossen hat...Lebendig und still ist es gleichzeitig hier, und auch auf die 1973 in Worms geborene Künstlerin scheint das zuzutreffen. Susanne Neiß studierte 1994-1998 hier an der Fachhochschule für Gestaltung, gewann 1999 den Welde- Kunstpreis und hatte schon etliche Ausstellungen im In- und Ausland (Montpellier, Barcelona), in Mannheim zuletzt in raum 2. Kürzlich ging eine Ausstellung in Trier zu Ende, die dem Mentoring Programm für Bildende Künstlerinnen Rheinland-Pfalz entsprang, worin erfahrene Künstlerinnen jüngeren Hilfestellungen geben, im konkreten Fall war es Margret Eicher, die Susanne Neiß mit wertvollern Tipps versorgte.

Selten ist der Titel richtig, aber hier scheint er zuzutreffen: Die Lichtbildnerin macht eher stille Fotografie mit ihrer analogen Spiegelreflexkamera, der sie, wie sie sagt, „als Gewohnheitstier” treu bleibt. Durch teilweise extreme Gegenlichtaufnahmen, die den Hintergrund schwarz werden lassen, oder Verzerrungen entstehen ganz eigentümliche Bilder: Schmerzhaft-schöne Landschaftsaufnahmen etwa, die nie einfach naturalistisch aufgenommen sind, oder sehr grafische, nüchterne Bilder von Innenräumen, die an Fotografien der 20er Jahre erinnern könnten, wenn sie nicht farbig wären. Manche Aufnahmen sind elegisch, ja fast tragisch schön, etwa von einer vereisten roten Rose (1999) oder einem Nebel verschleierten Baum (2004). Aber ein Lieblingsgebiet der jungen Künstlerin sind sicherlich alle Arten von Reflexionen und Brechungen, erzielt durch das Fotografieren durch geriffelte Glastüren etwa oder durch farbige Regentropfen auf Scheiben. Häufig sind der Bildausschnitt, die Motivwahl so unklar, dass der Betrachter nur merkt, dass er Kunst sieht, nicht aber, was er sieht. Eine Entwicklung, die gerade vor sich geht und deren Ausgang noch ganz im Dunkeln liegt, lässt grafische, aber nicht rein orthogonale, sondern auch farbige Kurven enthaltende Fotografien entstehen, bei denen alles offen ist: worum es geht, was der Ausgangspunkt ist, was wir eigentlich sehen. Vielversprechend.